Authentizität als Schlüssel zum Erfolg
Vom Gastarbeiterkind zur Klosterschülerin zur Vierfach-Geschäftsführerin
Der Vater kam 1964 als Gastarbeiter nach Deutschland, die Mutter folgte ihm zwei Jahre später. Nur H. Nezir wurde im Schwarzwald geboren – und besuchte später auf ausdrücklichen Wunsch ihrer Mutter die Klosterschule vor Ort. Ihre Tochter sollte eine gute Bildung als Startkapital für ihre Zukunft erhalten. Nur H. Nezir hat das Beste draus gemacht: Nach dem Abitur arbeitete sie als Au Pair in den USA und in England, um ihre Sprachkenntnisse zu festigen. Es folgten ein Jurastudium an der Universität Osnabrück und schließlich ein steiler Karriereweg in der Osnabrücker ABRAMS Group. Heute sagt die Wahl-Osnabrückerin: „Ich fühle mich wie ein Rockstar, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat.“
Als Kind von Gastarbeitern, noch dazu als weibliche Muslima, stand sie immer wieder vor Herausforderungen, sagt Nur H. Nezir. Ihre eigenen Ziele habe sie dennoch immer verfolgt. Ihr persönliches Erfolgsrezept: Die katholische Klosterschule habe ihr Disziplin beigebracht, ihre türkischen Wurzeln haben sie die offene Kommunikation gelehrt. Nur H. Nezir ist eine Frau, die ehrlich und direkt in den Dialog tritt, dabei stets wertschätzend und bodenständig. Sie weiß genau, was sie will und arbeitet engagiert.
Auch die Wahl für ihren Studienort sei eine bewusste Entscheidung gewesen: Als sie bei der ZVS, der zentralen Stelle für die Vergabe von Studienplätzen, Wünsche für ihren Studienort äußern durfte, ging sie die Liste der infrage kommenden Universitätsstädte durch. „Bei Osnabrück bin ich hängen geblieben“, sagt sie. „Die Stadt schien mir genau die richtige Größe zu haben. Mir war es wichtig, dass mich meine Professoren auf der Straße erkennen.“
Die Motivation dahinter: Vorbilder finden. Nicht, um zu imitieren. Vielmehr, um sich orientieren zu können und inspirieren zu lassen. Nur H. Nezir umgibt sich gerne mit Menschen, von denen sie lernen kann. Noch heute hält sie daher engen Kontakt zu Wegbegleitenden. Professor (em) Dr. W. E. Voss aus Osnabrück, Schwester Dorothea C. Benz aus der Klosterschule, ihre Gastmutter Prism Fine aus London und ihre Familie haben einen wichtigen Stellenwert.
Karriere in der Stahlindustrie: ABRAMS Industries
Durch einen familiären Unglücksfall fiel sie durch das juristische Staatsexamen. Zumindest beruflich gesehen Glück im Unglück, wie sich später zeigte: Als sie 2005 in der Universität die erforderlichen Formalitäten erledigen wollte, wurde Nur H. Nezir auf einen Aushang am Schwarzen Brett aufmerksam.
Wenig später startete sie als studentische Hilfskraft bei Abrams Industries im Bereich Kommunikation und Vertrieb. Gründer und Inhaber Dr. Jürgen Abrams erkannte ihr Potenzial. Nach einem gemeinsamen Kundentermin bot er Nur H. Nezir daher eine Stelle als Assistentin der Geschäftsleitung an. Nur H. Nezir nahm an. Die Scheine aus dem Studium ließ sie sich anrechnen und absolvierte den Abschluss in Wirtschaftsrecht – neben dem Beruf.
Sie begab sich an den Aufbau der Vertriebsleitung, übernahm 2017 als Vice President die Business Intelligence Unit ABRAMS world trade wiki und zeichnete sich für die Expansion der Unternehmensgruppe in die USA verantwortlich. Seit 2022 ist sie Geschäftsführerin von vier Unternehmen innerhalb der ABRAMS Group: ABRAMS Industries GmbH & Co. KG, ABRAMS Industries Verwaltungs GmbH, ABRAMS World Trade Wiki sowie ABRAMS Industries Inc. US/CA/MX.
ABRAMS Industries vertreibt vorrangig Präzisionsstahl für Werkzeug- und Formenbau, beispielsweise für Schnitt- oder Stanzwerkzeuge an Kunden weltweit. Das Sortiment umfasst über 70 verschiedene Stahlprodukte, Aluminiumprodukte und Gewindebohrer.
Mit der Division ABRAMS World Trade Wiki hat das Unternehmen ein Online-Datenportal entwickelt, mit deren Hilfe Unternehmen weltweit nicht nur Lieferanten und Kunden identifizieren können, sondern auch gezielt Einblicke in Geschäftsbeziehungen von Unternehmen erhalten.
Die Kunstsparte, ein Herzensprojekt von Nur H. Nezir, realisiert hochwertige Foto-Kalender, die dem Eigenmarketing dienen.
Persönlichkeit ist das, was zählt
Dass sie innerhalb kürzester Zeit Karriere machte, habe sie zum einen ihrer Willenskraft und Ausdauer zu verdanken. Zum anderen aber auch ihrem Chef Dr. Jürgen Abrams. „Er hat mich damals eingestellt, obwohl ich keinen Abschluss hatte. Noch dazu als Frau mit Migrationshintergrund“, gibt Nur H. Nezir zu bedenken.
Dieses Mindset nimmt sie sich in ihrer Funktion als Geschäftsführerin zum Vorbild: „Zeugnisse sind nicht elementar bei meinen Personalentscheidungen. Bei mir zählt die Persönlichkeit der Bewerbenden.“
Die Erfahrung gibt ihr Recht. Statt Fluktuation unter den Mitarbeitenden gebe es einen starken Zusammenhalt. „Ich empfinde mich als Glückskind, das mit viel Fleiß, Ehrgeiz und Leidenschaft dahin gekommen ist, wo es jetzt ist.“ Und Osnabrück? „Das ist genau der Ort, wo ich sein möchte.“