Osnabrücker Ed-Tech-Unternehmen

Leselust: Unterwegs mit Fuchs Fluxie zu Krümelbrandt, dem Backdrachen

Mit einem Sammelkarten-System, durch das Kinder den Zugang zu Büchern auf dem Tablet erhalten, will das Start-up Fluxie bei den Jüngsten Begeisterung für die Welt der Bücher wecken. Der Handlungsbedarf, das Lesen zu fördern, ist groß.

Die Gründer Christian Geesken (links) und Richard Durchholz.

Man kann die Geschichte des Start-ups Fluxie und seiner Idee, den Spaß von Kindern am Lesen zu fördern, auf zwei Wegen erzählen: Die große Geschichte stellt die alarmierenden Zahlen in den Mittelpunkt, wenn es um die Lesekompetenz von Viertklässlerinnen und Viertklässlern in Deutschland geht. Die kleinere Geschichte hat die beiden Gründer als Hauptfiguren: Christian Geesken (30) und Richard Durchholz (29) – der eine früher mit einer Schreib-, der andere mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche.

So oder so: Im Ergebnis gelangt man zu einem Osnabrücker Start-up, das ein drängendes gesellschaftliches Problem im Blick hat und viel persönliche Motivation mitbringt, Teil der Lösung zu werden.

Wie genau funktioniert Fluxie? Spricht man mit den beiden Gründern, schildern sie zunächst ihre Erfahrung, dass Fluxie bei vielen zahlreiche Assoziationen weckt. Etwa mit der Marke der weit verbreiteten Tonie-Boxen – der Kombination aus Hörspiel und Spielfigur. Oder mit der Marke der Tiptoi-Stifte, dem digitalen Audio-Stift, der zum Beispiel beim Tippen in ein Buch das Gezeigte erklärt.

Die Idee von Fluxie unterscheidet sich davon. Hier erhalten Nutzerinnen und Nutzer eine im Webshop bestellte Karte – etwas größer als eine Karte aus einem Skatspiel. Diese Karte zeigt ein Kinderbuch-Cover und hat auf der Rückseite einen QR-Code. Den Code können Eltern – oder Kinder – in der Fluxie-App einscannen und das Buch auf ihr Tablet herunterladen. Nun können Kinder die Geschichten lesen, sich vorlesen lassen – inklusive eines Lesefingers, der im Vorlese-Tempo durch die Zeilen gleitet – oder auch auf Bilder tippen für Soundeffekte. Immer dabei: der Fuchs Fluxie, mit flauschigem Fell und runder Brille.

„Kinder sollen mit Büchern Positives verbinden“

„Wir wollen das Heranführen ans Lesen unterstützen und das vor allem durch den Spaß, den Kinder beim Umgang mit den digitalen Büchern haben“, erläutert Durchholz.  „Kinder, die das erste Mal mit dem Lesen in Berührung kommen, sollen diese Verbindung kriegen zwischen Schrift und dem, was sie hören, und mit Büchern etwas Positives verbinden“, ergänzt Geesken.

Im Blick haben die beiden Gründer dabei nicht nur Schul-, sondern auch schon Kita-Kinder – wohlwissend, dass sie dabei auch mittendrin sind in der gesellschaftlichen Debatte um ausufernde Bildschirmzeiten, Medienkompetenz und Sicherheit im Netz. Die Argumente von Geesken und Durchholz: „Bei Fluxie gibt es keine Werbung oder In-App-Käufe. Und – nach dem Herunterladen eines Buches – ist keine Internetverbindung notwendig.“ Über die Bildschirmzeit lasse sich regeln, wie lange sich Kinder mit einem Buch beschäftigen können. Und: „Kinder konsumieren nicht nur passiv Videos, sie können mit den Geschichten interagieren.“

Tagtäglich feilen und tüfteln die Gründer an ihrem Produkt. Das heißt vor allem: viel Programmierarbeit, aktuell meist im Co-Working-Space im InnovationsCentrum Osnabrück (ICO). Eine aktive Gruppe an Nutzerinnen und Nutzern spiegelt ihnen zurück, welche Funktionen noch möglich und sinnvoll wären. „Wir schauen natürlich, was die Leute wollen, was ihnen am meisten hilft und fügen dann entsprechende Funktionen hinzu“, sagt Geesken. Sie testen dabei bewusst immer mit einem äußerst günstigen Tablet – Fluxie soll zugänglich für möglichst viele sein.

„Man kann schon sagen, dass wir Osnabrück-verliebt sind“

Das Rüstzeug für ihr Vorhaben haben die Gründer im Studium erworben. Geesken stammt aus Bad Bentheim und hat Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftsinformatik in Osnabrück studiert. Der gebürtige Braunschweiger Durchholz hat ebenfalls Wirtschaftswissenschaften an der Universität Osnabrück studiert, dann den Master im Business Consulting in Köln absolviert.

Die Lebenswege kreuzten sich in Osnabrück, und beiden war schon länger klar, dass sie zusammen etwas aufbauen wollten. Die Region Osnabrück zum Mittelpunkt ihres Vorhabens zu machen, lag für sie auf der Hand. „Man kann schon sagen, dass wir Osnabrück-verliebt sind“, sagen sie unisono. „Im Workspace im ICO fühlen wir uns super, und die Region hat alles, was wir benötigen, um Fluxie weiterzuentwickeln.“ Dazu passt, dass die beiden am Folgetag des Interviews ein Gespräch mit einem regionalen Unternehmen für Kunststoffspritzguss haben. Es geht um die Rahmen für die Fluxie-Karten.

NBank fördert das Vorhaben mit einem Gründungsstipendium

Aber auch der große, bildungsgesellschaftliche Rahmen muss passen. Und tatsächlich ist der Handlungsbedarf groß. Ein Viertel der Schülerinnen und Schüler in den vierten Klassen in Deutschland erreicht beim Lesen nicht den international festgelegten Mindeststandard, der für ein weiteres erfolgreiches Lernen nötig wäre. Das ist das zentrale Ergebniss der 2023 veröffentlichten Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU).

Auch vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, dass Fluxie einige Unterstützer von sich überzeugen konnte. Dazu zählt die NBank.  Von der Investitions- und Förderbank Niedersachsens haben Geesken und Durchholz im Frühjahr ein zehnmonatiges Gründungsstipendium erhalten.

Nun heißt es weiter „Volle Kraft voraus“. Denn in das kommende Weihnachtsgeschäft setzen die Gründer große Hoffnungen. Der Fuchs „Fluxie“ soll dann bei möglichst vielen Kindern bekannt werden – und sie durch Bücher wie „Luna – Die Löwin mit der leisen Stimme“ oder „Krümelbrandt – Der Backdrache“ begleiten.

Bildrechte: Fluxie Solutions UG