Judostadt Osnabrück
Andrea Goslar ist Landestrainerin und Leiterin des neuen Judo-Leistungszentrums beim Osnabrücker Turnerbund, OTB
Andrea Goslar ist eine feste Größe in der Osnabrücker Judoszene. Seit dem Jahr 2000 arbeitet sie als Trainerin und formt junge Talente, die sich auf nationaler und internationaler Ebene beweisen wollen. Seit 2024 leitet sie den neuen Judo-Landesstützpunkt des OTB. Ihr Werdegang zeigt, wie eine Leidenschaft zum Beruf werden kann.

Der Weg zum Leistungssport
Als Andrea Goslar mit zwölf Jahren – damals noch in Diekholzen bei Hildesheim – das erste Mal Judo ausprobierte, war sie sofort Feuer und Flamme: „Ich bin sehr ehrgeizig und mag den Zweikampf im Judo, weil man dort als deutlicher Gewinner oder Verlierer hervorgeht. Ich wollte natürlich möglichst selten auf der Verliererseite stehen.“ Das ist ihr gelungen. Der Sport faszinierte sie so sehr, dass sie sich bald ehrgeizig ins Wettkampfgeschehen stürzte. Sie fuhr regelmäßig zum Bundesstützpunkt nach Hannover, wurde Deutsche Meisterin, kämpfte in der Bundesliga und nahm an internationalen Wettkämpfen teil.
Von der Lehramtsstudentin zur Diplom-Trainerin
Neben ihrer aktiven Laufbahn als Leistungssportlerin studierte sie zunächst Lehramt, trainierte aber weiterhin intensiv. Ihr damaliger Trainer legte ihr ein Sportstudium an der Deutschen Sporthochschule nahe. Sie nahm die Herausforderung an, schloss ihr Diplomstudium zur Trainerin ab und erhielt prompt ein Stellenangebot aus Osnabrück. Zunächst arbeitete sie für die Judo Crocodiles, bevor sie in den Landesverband wechselte. Eine besondere Chance und tolle Anerkennung, da hauptamtliche Judotrainerstellen rar gesät sind.
Der neue Judo-Landesstützpunkt Osnabrück
Mit der Eröffnung des Judo Landesstützpunkts Osnabrück im Oktober 2024 begann für sie ein echtes Herzensprojekt. Als eine von drei Judohochburgen in Niedersachsen zieht Osnabrück talentierte Nachwuchssportler aus der ganzen Region an. Es stammten auch schon einige Judo Olympioniken aus Osnabrück; Julia Matijass holte 2004 sogar eine Bronzemedaille in Athen. Das Training im Stützpunkt ist eine gezielte Fördermaßnahme: „Hier trainieren die besten Kinder aus allen Vereinen, um sich technisch und körperlich weiterzuentwickeln und ihre Wettkampfziele zu erreichen.“ Viele von ihnen gehen später an den Bundes- oder Olympiastützpunkt in Hannover.
Mehr als nur Wettkampf: Judo als Lebensschule
Judotraining bedeutet mehr als nur Technik und Körperbeherrschung. Andrea Goslar vermittelt ihren Schützlingen eine Lebenseinstellung, die von Disziplin, Respekt und Durchsetzungsvermögen geprägt ist. „Ich bin stolz auf meine Sportler, auf ihre Entwicklung und darauf, was sie fürs Leben mitnehmen. Es geht nicht nur um Medaillen, sondern auch um Selbstvertrauen und Fairness.“ Dabei betreut sie Kinder von vier Jahren bis in die späte Jugend. Die Jüngsten lernen spielerisch, sich unter Regeln zu raufen, während die älteren gezielt auf Wettkämpfe vorbereitet werden. Neben dem Training am Landesstützpunkt hat Andrea Goslar mit den ChampCamps eine Ferientrainingsmaßnahme ins Leben gerufen, die darüber hinaus das Teambuilding fördert. Zu diesen Sportfreizeiten fahren die Besten aus ganz Niedersachsen einer bestimmten Altersklasse zum Beispiel nach Rothenburg oder Borkum, um dort gemeinsam zu trainieren und ihre Freizeit zu verbringen.
Herausforderungen während der Corona-Pandemie
Dass ihr Engagement über die Trainings im Dojo hinaus geht, hat Andrea Goslar auch während der Corona-Pandemie unter Beweis gestellt. Schon im ersten Lockdown 2020 bot Andrea Goslar Videotrainings an, damit die Kinder und Jugendlichen ihren Sport nicht vorübergehend aufgeben mussten und weiter in Verbindung bleiben konnten. Daneben fanden weiterhin für den Kernkader Trainings in Vierer- oder Zweiergruppen statt, je nachdem, was gerade erlaubt war. Die Sportart Judo trafen die Kontaktbeschränkungen besonders hart, da ja mit einem Partner trainieren werden muss. Deshalb gehörten die Sportlerinnen und Sportler zu denen, die relativ spät wieder vollständig trainieren durften. „Ich habe mich sehr darüber gefreut, wie viel Spaß die Kinder hatten, weil es neu und eine Abwechslung war, aber wir waren trotzdem froh, als der Alltag wiederkehrte und wir gemeinsam auf der Matte trainieren konnten“, fasst Andrea Goslar diese herausfordernde Zeit zusammen.
Judo als Wettkampf- und Olympiasport
Judo ist ein anspruchsvoller Sport, der technisches Können, taktisches Geschick und körperliche Fitness vereint. Andrea Goslar finden den Vergleich mit Schach passend: „Es gibt viele Techniken, auf jede Aktion eine Reaktion, jeder Gegner stellt eine neue Herausforderung dar.“ Deshalb ist es umso wichtiger, frühzeitig die Grundlagen zu beherrschen, insbesondere das richtige Fallen. Zur Selbstverteidigung außerhalb des Dojos sei Judo eher weniger geeignet, aber ihr Training hat sich auch in anderen Sportarten schon bezahlt gemacht. Zum Beispiel als sie sich einmal beim Sturz über den Lenker von ihrem Mountainbike mit einer Judorolle retten konnte. „Judo trainiert den ganzen Körper und gibt einem ein gutes Körpergefühl. Deshalb eignet es sich auch als Sport für schüchterne Kinder, um mehr Selbstvertrauen zu gewinnen“, nennt Andrea Goslar die Vorteile. Ein grundsätzliches Problem mit Körperkontakt sollte man allerdings nicht haben.
Gut vernetzt zum Sport für alle
Mit großer Hingabe fördert Andrea Goslar den Nachwuchs, hält Kontakt zu ihren ehemaligen Schützlingen und freut sich, wenn Kinder später mit ihren eigenen Kindern zum Judo kommen. Sie ist überzeugt, dass Sport für alle zugänglich sein sollte, unabhängig vom Einkommen der Eltern: „Sport ist wie ein Grundnahrungsmittel. Jedes Kind sollte unabhängig vom Gehalt der Eltern das Recht haben, in einem Verein mitzumachen.“ Besonders im Schulbereich möchte sie Judo weiter etablieren, denn sie sieht, dass Bewegung in der heutigen Gesellschaft immer mehr vernachlässigt wird. Osnabrück bietet gute Voraussetzungen dafür, denn die Sportvereine und Schulen sind gut vernetzt. „Wir leben von der Zusammenarbeit mit den Schulen und kleineren Vereinen, denn wir gehen als Judoverband an die Schulen und bieten Probetrainings an, oder werden angefragt, den Sportunterricht zu übernehmen. Wenn den Kindern das Spaß macht, kommen sie in den Verein. Es gibt viele kleine Vereine, in denen Kinder mit Judo anfangen“, beschreibt Andrea Goslar die Osnabrücker Sportlandschaft. Bei den örtlichen Meisterschaften und Turnieren nutzt sie auch die Gelegenheit, neue Talente zu sichten und vielversprechende Kinder zum Stützpunkttraining einzuladen.

Osnabrück als sportliche Heimat
Osnabrück hat Andrea Goslar nicht nur sportlich, sondern auch als Stadt für sich entdeckt. Die kurzen Wege, das vielfältige Kultur- und Sportangebot sowie die Nähe zum Teutoburger Wald gefallen ihr. Ihre eigenen sportlichen Erfolge stehen heute nicht mehr im Mittelpunkt. Ihre größte Motivation ist es, dass der Landesstützpunkt floriert und die jungen Athleten ihre Träume verwirklichen können.