Paul Catala zog es von Paris nach Osnabrück
Forscher und Freigeist
Komplexe Fragen sind für Paul Catala alltäglicher Bestandteil seiner Arbeit. Der 29jährige Mathematiker aus Paris suchte nach dem Abschluss seiner Doktorarbeit Qualifizierungsmöglichkeiten im europäischen Ausland. In Osnabrück wurde er fündig. Hier setzt er sich seither mit den Herausforderungen digitaler Bildverarbeitung auseinander. Aber auch anderen Interessen kann der junge Franzose an seinem neuen Wirkungsort ausgiebig nachgehen.
Paul Catala als Stadtmensch zu bezeichnen, greift vermutlich nicht zu kurz. Mit wehendem Haar und kräftigem Tritt in die Pedale steuert er in Osnabrück das Institut für Mathematik im Stadtteil Westerberg an. Seit Ende 2020 ist er hier tätig. Was ihm gleich am Anfang in seiner neuen Wahlheimat aufgefallen sei: „In Paris haben die Verkehrsteilnehmer wenig Respekt voreinander, nicht einmal rote Ampeln werden beachtet.“ Dass sei in Osnabrück ganz anders, es werde viel regulierter gefahren. Verwundern würde ihn allerdings, dass Fußgänger an roten Ampeln warteten, auch wenn kein Auto käme. „Schon komisch“, bemerkt er und fügt hinzu: „So ist es aber in ganz Deutschland und nicht nur in Osnabrück“. Ohnehin gilt Paul Catalas Aufmerksamkeit weniger den Regeln des Straßenverkehrs, als vielmehr jenen der Mathematik.
Ein anspruchsvoller Bildungsweg
Geboren in Paris, zog er im Alter von zwei Jahren mit seinen Eltern ins südfranzösische Toulouse. Sieben Jahre später folgte der erneute Umzug in die Metropole an der Seine. Seine Eltern bezogen dort eine Wohnung im Zentrum. Auch in den Folgejahren blieb Paris Paul Catalas Lebensmittelpunkt. Nach dem „baccalauréat,“ ein Abschluss der dem deutschen Abitur entspricht, folgten für ihn die „classes préparatoires“. Dieses zweijährige, anspruchsvolle Vorbereitungsstudium soll den Weg zu spezialisierten Hochschulen ebnen, deren Studienplätze ebenso begehrt wie begrenzt sind. „Das System in Frankreich ist schon in Teilen deutlich elitärer ausgerichtet als in Deutschland“, erklärt Catala, der sich mit den Unterschieden zwischen den beiden Bildungssystemen vertraut gemacht hat.
Komplexe Forschungsinhalte
Der naturwissenschaftlich begabte junge Mann bestand das Examen der „classes préparatoires“ und erhielt einen der begehrten Plätze an der Ingenieurhochschule. Hier spezialisierte er sich auf Bereiche der angewandten Mathematik und Informatik. 2016 begann Catala schließlich mit seiner Doktorarbeit. Dass es ihm leichtfällt, komplexe Fragestellungen auch für Laien verständlich zu machen, zeigt sich bei der Beantwortung der Frage nach seinen Forschungsinhalten. Die Lösung von Problemen im Bereich „Image Processing“, der digitalen Bildverarbeitung, sei sein Schwerpunkt. Er habe hierzu neue Algorithmen entwickelt, die etwa dazu dienen, Fehler von Mikroskopaufnahmen zu korrigieren. „Angewandte Mathematik kann sowohl sehr abstrakt, als auch sehr konkret und direkt anwendbar sein, das reizt mich,“ erläutert Catala seine Motivation.
Zur wissenschaftlichen Weiterqualifikation nach Osnabrück
Nach dem erfolgreichen Abschluss der Promotion fasste er für die „Post doc“-Phase den Entschluss, Forschungserfahrung im Ausland zu sammeln. Dieser Qualifizierungsphase kommt für die weitere Laufbahn von Wissenschaftlern zumeist eine große Bedeutung zu. Catala recherchierte und stellte fest, dass sich die Forschungsinteressen eines Osnabrücker Mathematikprofessors weitestgehend mit seinen deckten. Es folgte eine Kontaktaufnahme, aus der sich die Chance ergab, zur wissenschaftlichen Weiterqualifikation nach Osnabrück zu kommen. Der 29jährige ließ diese nicht ungenutzt und übernahm ab Ende 2020 am Osnabrücker Institut für Mathematik unterschiedliche Aufgaben.
Neben Lehrverpflichtungen führt er aufwändige Literaturstudien durch, verfasst eigene Beiträge und versucht, die neu gewonnenen Erkenntnisse in die von ihm entwickelten Computerprogramme zu integrieren. Seine Zukunft sieht der junge Wissenschaftler auch langfristig im akademischen Betrieb. Er schätze die Freiheit und Autonomie, die ihm seine Tätigkeit gewähre. Auf eine Professur sei er allerdings nicht festgelegt.
Kurator beim Unabhängigen Filmfest
Ein wenig zu kurz käme aktuell allerdings das Klarinettenspiel, das er bereits seit vielen Jahren betreibe, so Catala. Dafür sei seine Leidenschaft für den Film und das Kino in Osnabrück besonders in den Fokus gerückt. „Kulturell ist hier für eine Stadt in dieser Größe unglaublich viel los und vor allem für einen Filmfreund wie mich tun sich in Osnabrück tolle Möglichkeiten auf.“ Stark genutzt habe er unter anderem die Angebote der studentischen Initiative „Unifilm“ der Universität. Schnell sei er zudem auf das jährliche Unabhängige Filmfest aufmerksam geworden, das bereits seit 1986 stattfindet und zu den ältesten Filmfestivals Niedersachsens zählt. 2022 ist Catala als einer von mehreren Kuratoren an der Vorauswahl der Programmtitel beteiligt und hat dafür eine umfangreiche Filmliste abzuarbeiten.
Eine besondere, kulinarische Erfahrung
„Die Stadt ist schön, die Menschen hier sind sehr nett zu mir und die deutsche Sprache zu lernen macht mir Spaß“, fasst Catala seine Eindrücke zusammen und ergänzt diese mit einer weiteren, wohlschmeckenden Erfahrung: „Seit meiner Kindheit muss ich glutenfrei essen und habe in Paris nie eine Pizzeria gefunden, die glutenfreie Kost anbietet. Hier in Osnabrück habe ich sofort eine entdeckt, wo ich zum ersten Mal in meinem Leben glutenfreie Pizza bestellen konnte. Das war wirklich toll.“