iotec GmbH
Ein Prototyp für die Start-up-Szene der Region Osnabrück
So etwas findet sich wohl nur äußerst selten: Das Sensortechnik-Unternehmen iotec entwickelt Prototypen – und ist gleichzeitig selbst eine Art Prototyp. Denn der Weg der beiden Geschäftsführer Daniel Mentrup und Simon Kerssen zeigt im Wortsinne mustergültig, wie aus einer Gründungsidee ein erfolgreiches Unternehmen werden kann.
In den Anfängen iotecs im Jahr 2010 war auch das Gründungsökosystem Osnabrücks noch ein eher sehr zartes Pflänzchen. Wer jetzt vorm Neubau des Unternehmens im Herzen des Osnabrücker Wissenschaftsparks steht, merkt schnell: Hier ist etwas Nachhaltiges gewachsen.
Mentrups Weg: Realschule, Ausbildung zum Energieelektroniker, Fach-Abi, dann das Studium der Elektrotechnik an der Hochschule Osnabrück. Kerssens Weg: Abitur am technischen Gymnasium, dann ebenfalls das Elektrotechnik-Studium in Osnabrück. Hier lernen sich der Laggenbecker Mentrup und der Ibbenbürener Kerssen kennen.
Gemeinsam können sie sich die Selbstständigkeit vorstellen. Bausätze im Bereich Robotik und Sensorik sind ihre erste Gründungsidee. „Wie genau der Weg dahin aussehen könnte, war für uns beide aber noch mit vielen Fragezeichen versehen“, schildert Mentrup.
Hochschule eröffnet besondere Gründungsperspektive
Doch die Fachhochschule, für die gründungswillige Studierende damals noch längst nicht zum Alltag gehören, eröffnet Mentrup und Kerssen eine Perspektive: Gefördert mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung erhalten beide eine halbe Stelle. Die übrige Zeit können sie darauf verwenden, ihre Gründung vorzubereiten.
Die ersten Fäden des Netzwerks verweben sich. In der Hochschule knüpfen Mentrup und Kerssen Kontakt in die starke Agrarbranche der Region. Gleichzeitig bauen beide ihre Expertise im Bereich der Sensortechnik weiter aus, besonders wenn es darum geht, den Zustand von einzelnen Pflanzen und Böden bestimmen zu können.
Dazu kommt die Unterstützung für die Gründer von außen, von der Hochschule, aber auch durch die zunehmenden Angebote von Stadt und Landkreis. Die Zielstrebigkeit iotecs zeigt sich zudem darin, dass Mentrup noch ein Wirtschaftsingenieurwesen-Studium draufsattelt.
Einzug ins ICO: Der perfekte Ort, um zu wachsen
2014 folgt dann der nächste große Schritt: Die iotec GmbH zieht mit ihrem fünfköpfigen Team aus seinen Hochschulbüros ins neu gebaute Innovationscentrum Osnabrück. Das Gründungszentrum, wenige Meter vom Campus Westerberg von Hochschule und Uni entfernt, ist der ideale Ort, um zu wachsen. Mentrup und Kerssen zählen zu den ersten Mietern.
„Wir konnten uns im ICO ideal weiterentwickeln, denn wir hatten die Chance – um es einmal so zu formulieren – zu atmen“, erklärt Mentrup. iotec mietet zunächst drei Büros. „Brauchten wir mehr Raum, hat es das ICO ermöglicht. Brauchten wir weniger, ging das auch.“
iotec nutzt diese Rahmenbedingungen auch, um weiter das Profil zu schärfen. „Sensorlösungen im Agrarbereich müssen sehr robust sein“, sagt Mentrup. Sie müssen, vereinfacht gesagt, Wind und Wetter trotzen. Deshalb waren sich die Gründer sicher, dass sie auch in anderen Branchen funktionieren würden.
Digitale Lösungen immer gefragter, weil Fachkräfte fehlen
Das Unternehmen selbst nennt als Fokus-Branchen unter anderem Agrar und Gartenbau 4.0, Maschinenbau und Industrie 4.0 sowie Smart-Cities. Mentrup schildert zwei anschauliche Beispiele: „Ein Maschinenhersteller aus der Region benötigte vor einigen Jahren eine neue Messtechnik, um die Dicke von Folien zu bestimmen. Wir haben den entsprechenden Sensor mitentwickelt, den wir bis heute noch in unserer kleinen Fertigung in höherer Stückzahl bauen.“
Beispiel zwei: Wegen der enormen Trockenheit in den vergangenen Sommern suchten die Gründer nach einer Lösung, wie sich gezielt Stadtbäume bewässern ließen. „Wir haben einen entsprechenden Sensor entwickelt, der erkennt, ob einem Baum Wasser fehlt“, sagt Mentrup. „Gemessen wird das im Boden, denn wenn ich am Baum feststelle, dass Wasser fehlt, ist es schon zu spät.“ Das System ist bereits in acht Städten im Einsatz.
Stadtbeschäftigte müssen nun nicht mehr jeden Baum einzeln anfahren und begutachten, sondern sehen auf einer digitalen Karte, wo gewässert werden muss. Für Mentrup ist dieses Projekt exemplarisch: „Früher ist uns häufiger die Sorge begegnet, dass die Digitalisierung Arbeitsplätze wegnimmt. Jetzt hören wir immer wieder: Wir brauchen diese Lösungen, weil uns Fachkräfte fehlen.“
Neubau im Wissenschaftspark: ein Start-up etabliert sich
So ist es nur folgerichtig, dass auch iotec weiter wächst. Schon länger hatten sich Mentrup und Kerssen mit dem Gedanken getragen, im Wissenschaftspark ihr eigenes Gebäude zu bauen. Unter anderem die WFO ist dabei ein wertvoller Sparringspartner in den Überlegungen, wann die Zeit reif ist. 2021 machen die Gründer dann Nägeln mit Köpfen: Der Bau beginnt, drei Etagen, 1800 Quadratmeter Grundfläche. Hochinnovative Mieter sind mit seedalive, Hitway und bitnamic, ebenfalls aus dem Umfeld des ICO, schnell gefunden. Der Einzug iotecs, mittlerweile mit einem zwölfköpfigen Team, erfolgt 2023.
Hier wollen der 43-jährige Mentrup und der 41-jährige Kerssen weiter durchdacht an der Zukunft ihres Unternehmens arbeiten. „Einstellungstechnisch haben wir durchaus noch etwas vor“, sagt Mentrup. „Wir denken noch an zwei, drei weitere Expertinnen und Experten, vor allem aus den Bereichen Elektrotechnik und Informatik, um den Mittelstand in der Region zu unterstützen.“ Sorge, diese Fachkräfte zu finden, hat Mentrup wenig, das ist spürbar. Denn der Standort im Wissenschaftspark und die Nähe zu den Hochschulen sind ideal.
Osnabrücks Gründungsszene ist eine Erfolgsgeschichte – und iotec mittendrin
Und nicht nur für den eigenen Fachkräftenachwuchs macht sich Mentrup stark. Als Mentor im SmartCityHouse begleitet er Start-ups, deren Reise gerade beginnt. „Manche Umwege, die wir noch gegangen sind, möchte ich ihnen gern ersparen“, sagt Mentrup. Die Erfolgsgeschichte scheint also im Gleichschritt weiterzugehen – von iotec und von der Osnabrücker Gründungszene.