Startup LobVR will helfen, Versorgungslücke in der Psychotherapie zu schließen
Virtual Reality in der Psychotherapie
Das Osnabrücker Startup LobVR entwickelt eine Virtual Reality (VR) Software als ergänzende Behandlungsmethode in der Psychotherapie. Fünf Cognitive Science Studierende der Universität Osnabrück nutzen die Technik von VR, um realitätsnahe Erfahrungen auf Knopfdruck zu ermöglichen. Das Team arbeitet hierfür eng mit Therapeut*innen und Patient*innen zusammen, um die Software an die Bedürfnisse in der Therapie anzupassen.
In Zeiten der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden sozialen Isolation mehren sich Berichte über steigende Fallzahlen psychischer Probleme sowie Verschlechterungen des Zustands bei bereits bestehenden psychischen Störungen. Demgegenüber steht eine schon vor der Pandemie geringe Zahl an Therapieplätzen, die mit langen Wartezeiten einhergeht. Wie Dr. Claudia Schulz, Leitende Psychologin am AMEOS Klinikum Osnabrück, weiter ausführt, „sehen wir eine Zunahme der Symptomschwere psychischer Erkrankungen sowie verschiedenste Symptomatiken, die mit dem Wegfall sozialer Kontakte und Tagesstruktur sowie erhöhten Anforderungen durch Homeoffice und Homeschooling einhergehen“. Durch den Einsatz der virtuellen Therapiemöglichkeit könnten Psycholog*innen und Therapeut*innen künftig eine effektive Therapiemethode einem größeren Patientenstamm zugänglich machen.
Studien zeigen nach Angaben der Behandelnden, dass die durch die Corona-Pandemie bedingte soziale Isolation einen deutlich negativen Einfluss auf die psychische Gesundheit nimmt. Als Folge davon treten vermehrt psychische Erkrankungen wie Depressionen, Ängste oder Suchtverhalten auf. Die geringe Verfügbarkeit ambulanter Psychotherapie führe zu langen Wartezeiten und dem Ausbleiben von eigentlich notwendigen Behandlungen von Patient*innen. „Bei vielen Störungen wissen wir, dass die Behandlung umso schwieriger ist, je länger das problematische Verhalten schon bestanden hat. Im Rahmen der Corona-Pandemie hat sich das Trinkverhalten einiger Menschen verändert, so trinken sie beispielsweise angesichts von Stress und Zukunftssorgen mehr als vor der Pandemie. Wenn der Konsum zu einem schädlichen Gebrauch oder einer Abhängigkeit wird, ist oft professionelle Hilfe erforderlich“, so Schulz.
Mit der Entwicklung der VR-Brille will das Startup LobVR zur Lösung des Problems beitragen. Die angebotene Software zielt auf eine Erweiterung der psychotherapeutischen Behandlung ab. Die Anwendung der Brille unterstützt die Therapeuten*innen bei der Behandlung, ohne diese*n dabei zu ersetzen. Bei der Behandlung von Suchterkrankungen haben die Patienten*innen beispielsweise die Möglichkeit, sich in einem virtuellen Raum Situationen auszusetzen, die in der realen Welt Risiken bergen. So gehen sie unter anderem durch virtuelle Supermärkte, vorbei an Alkoholflaschen. Dr. Peter Flüchter erklärt die Vorteile des Einsatzes von VR-Technologie in der Therapie:
„Während der Virtual-Reality-Expositionstherapie (VRET) werden Patient*innen mit einer virtuellen Darstellung des befürchteten Reizes oder der befürchteten Situation konfrontiert. Es gibt viele Studien, die die Wirksamkeit dieser Therapieform belegen. Ein Hauptvorteil besteht darin, dass Therapeut*innen die gefürchtete Situation leicht kontrollieren können. Darüber hinaus erfordert diese Form der Therapie einen geringeren organisatorischen Aufwand und ist weniger zeitaufwendig.“
Die Software soll mehr Menschen den Zugang zu Therapien ermöglichen. „Wir haben viele Ideen für eine ganzheitliche Softwareunterstützung durch VR, als nächstes arbeiten wir an der Umsetzung eines Online-Therapieraums. Hier können sich Therapeut*in und Patient*in virtuell treffen und auch die Umgebung kann hierbei frei gestaltet werden”, erklärt Mitgründerin Imke Mayer. Für die Entwicklung ihrer Idee erhielt das Gründer*innen Team neben einer Förderung durch die Aloys und Brigitte Coppenrath Stiftung kürzlich auch ein EXIST Stipendium. Diese werden dem Team dabei helfen, Idee und Software weiterzuentwickeln.
„Die Förderung von innovativen, oftmals KI-basierten, Startups im Gesundheitsbereich bietet einen hohen gesellschaftlichen Mehrwert und führt hoffentlich zu raschen Verbesserungen im personell angespannten deutschen Gesundheitssystem“, erläutert Felix Osterheider, Vorstandsvorsitzender der Aloys und Brigitte Coppenrath Stiftung. Deshalb finanziere man das Gründer*innen- Team von LobVR mit aktuell 36.000 Euro. „Als Stiftung können und müssen wir auch solche StartUps unterstützen deren Mehrwert weniger betriebswirtschaftlich als gesellschaftlich zu messen ist,“ so Osterheider.