WILDWUCHS – Blumen für Osnabrück

Steffi Koßmann verkauft nachhaltige Schnittblumen aus Melle

Als Steffi Koßmann die ersten Blumensträuße aus ihrem Garten am Hoftor zum Verkauf ausstellt, hat sie zunächst nur eine schöne Gelegenheit für ihre Nachbarschaft und nette Gespräche am Gartenzaun im Sinn. Inzwischen ist aus der knospenden Idee allerdings ein florierendes Nebengeschäft erwachsen, in das sie gerne einen großen Teil ihrer Zeit investiert.

Unter dem Namen „Wildwuchs vom Hof“ sind die Sträuße aus ihren Schnittblumen jetzt nicht nur an der Blumenbar ihres Hofs am Fuß des Meller Bergs in Bakum erhältlich, sondern auch im Café Bos Tanke in Osnabrück. Auf Anfrage liefert sie ihre Blumen aus dem Bauerngarten zur Dekoration von Geschäftsräumen, Hochzeiten, Eröffnungsfeiern und anderen Events aus und möchte auch die Zusammenarbeit mit Floristen und Bestattern in Zukunft ausbauen.

„Den Impuls gab eigentlich meine Oma“, erinnert sich Steffi Koßmann. „Sie hat mich erst auf die Idee gebracht, meine Blumen für Nachbarn, Spaziergänger und Radfahrer an den Gartenzaun zu stellen. Die Resonanz war so gut, dass ich anfing, Blumen gezielt für den Verkauf zu pflanzen.“

Leben mit der Natur

Aufgrund ihrer Entscheidung bestimmen heute regelmäßig Jahreszeiten und Wetter ihren Tagesablauf. Bis spät in den Herbst hinein kann sie oft noch die letzten Dahlien ernten, bevor die Knollen zum Überwintern aus der Erde geholt werden müssen.

Mit Ende der Erntesaison ist aber noch lange keine Pause angesagt. Nach den frischen Schnittblumen kommen die Trockenblumen und Kränze auf den Plan, es werden die Beete geplant und angelegt und Blumen wie zum Beispiel Kornblume, Rittersporn, Mohn oder Löwenmäulchen werden schon im Herbst gesät, damit sie im Frühjahr schneller bereit sind.

„Zu tun gibt es immer etwas, aber der Boden muss auch mal in Ruhe gelassen werden, dazu ist der Winter da“, erklärt Steffi Koßmann und ergänzt: „Zum Valentinstag im Februar kommen schon die ersten Anfragen nach frischen Blumen, aber es liegt in der Natur der Sache, dass es in Deutschland dann noch keine heimischen Blüten gibt. Mir ist es aber einfach wichtig, ein saisonales und nachhaltiges Produkt regional anzubieten. Nicht, um es besser zu machen als andere, sondern weil ich es einfach gerne mache – und meine Vorstellung von Nachhaltigkeit erstreckt sich eben auf alle Lebensbereiche.“

Mit Ideenreichtum und Kreativität geht es schließlich auch hier ohne Importware. Die Lösung: Aus Zweigen – die rechtzeitig ins Haus geholt schon erstes frisches Grün zeigen – und Trockenblumen lassen sich genauso liebevolle Valentinssträuße zusammenstellen.

Gleichgesinnte in Osnabrück

Mit ihrem Anspruch an nachhaltige Landwirtschaft ist Steffi Koßmann nicht allein. Gleichgesinnte fand sie mit der „Slow Flower“ Bewegung, einem Verein, in dem sich Blumenerzeuger*innen und Florist*innen zusammenschließen, die Schnittblumen aus der Region frei von Pestiziden und Giften anbieten.

„Eine der Mitbegründerinnen stammt aus Osnabrück und als ich mehr über Slow Flower erfuhr, dachte ich mir, ich mache ja alles schon genau nach diesen Grundsätzen“, schildert Steffi Koßmann eine wichtige Erkenntnis. Doch um auch offiziell dazuzugehören, musste sie ein Gewerbe anmelden oder einen landwirtschaftlichen Betrieb aufmachen.

Der Garten des Bauernhauses, das sie mit ihrem Mann und den zwei Kindern bewohnt, reichte für diese Größenordnung nicht aus, also hieß es im ersten Jahr 400 qm Brombeeren roden, um genug Anbaufläche für die Blumen zu schaffen. Bis die hartnäckigen Beerensträucher endlich dem Bauerngarten wichen, war viel Arbeit und noch mehr Geduld nötig.

„Das war ein langer Prozess, der außerdem noch zwei sehr trockene und heiße Sommer beinhaltete. Zwischendurch hätte ich fast den Mut verloren, weil ich unser Brunnenwasser als wichtige Ressource nicht für die Blumenzucht opfern wollte,“ so Steffi Koßmann, die daraufhin die schwierige Entscheidung traf, einen Teil ihrer Felder vertrocknen zu lassen.

Aus dieser Erfahrung lernt sie zwei Dinge: Zum einen stellt sie fest, dass einige Blumen anpassungsfähiger und zäher sind als erwartet, zum anderen bereitet sie sich auf Trockenphasen vor, indem sie Regenwasserzisternen in einem Nebengebäude installiert, die bis zu 20.000 Liter Wasser speichern können.

„Ich habe im Vorfeld wahnsinnig viele Bücher über Gärten und Blumenzucht gelesen, aber das kann eigene Erfahrungen nicht ersetzen. Außerdem ist kein Landstrich wie der andere, Böden unterscheiden sich zum Beispiel stark voneinander und nicht überall wächst alles gut. Manche Dinge können einem ältere Generationen noch beibringen, andere muss man einfach ausprobieren“, fasst Steffi Koßmann zusammen.

Wildwuchs mit starkem Netzwerk

Neben Lernen durch Ausprobieren scheinen vor allem der Austausch mit anderen und ein gutes Netzwerk ihr Geheimrezept hinter „Wildwuchs vom Hof“ zu sein. Obwohl sie mit ihrer Familie am Meller Berg ihr kleines Paradies gefunden hat und in ihrer ländlichen Nachbarschaft gut vernetzt ist, legt sie viel Wert auf ihre Verbindungen nach Osnabrück.

Hier ist sie aufgewachsen und hat wichtige Stationen ihres Lebens in den Stadtteilen Voxtrup und Wüste verbracht. Sie besucht nicht nur gerne Familie und Freunde regelmäßig in der Hasestadt, sondern betreibt auch noch zwei Ferienappartements in Voxtrup-Düstrup.

„Das Netzwerken in Osnabrück funktioniert so gut, weil man sich überall mal wieder über den Weg läuft. Abgesehen von der guten Zusammenarbeit mit dem Tourismusbüro habe ich zwar kaum offizielle Stellen für meine Unternehmungen in Anspruch genommen, gut unterstützt fühle ich mich aber auch im privaten Umfeld“, beschreibt Steffi Koßmann die Strukturen der Stadt, in der sie für die kommende Saison noch weitere Verkaufsstellen für „Wildwuchs vom Hof“ erschließen möchte.

 

Zum Schluss noch Hand aufs Herz, was bietet Osnabrück, was der Bauerngarten in Melle vielleicht nicht zu bieten hat? Darauf hat die fahrradbegeisterte Mellerin eine sichere Antwort und einen kleinen Insider-Tipp: „Eins meiner Highlights ist der Haseuferweg mit seiner Verbindung aus Natur und Industriekulisse, aber Osnabrück punktet natürlich auch mit einer spannenden Kneipenszene – den besten Kaffee gibt es meiner Meinung nach übrigens an Bos Tanke – und das sage ich nicht nur, weil meine Schnittblumen dort verkauft werden.“